In dieser Woche lesen wir über die unerwartete Ankunft von Jithro in der Wüste, der sich der jungen israelitischen Nation anschließt. Raschi kommentiert, dass Jithro inzwischen G-tt erkannt hat und Monotheist war. Es ist daher überraschend, wie die Tora ihn bei seiner Ankunft betitelt:
וַיִּשְׁמַ֞ע יִתְר֨וֹ כֹהֵ֤ן מִדְיָן֙ חֹתֵ֣ן מֹשֶׁ֔ה אֵת֩ כׇּל-אֲשֶׁ֨ר עָשָׂ֤ה אֱלֹהִים֙ לְמֹשֶׁ֔ה וּלְיִשְׂרָאֵ֖ל עַמּ֑וֹ כִּֽי-הוֹצִ֧יא יְהֹוָ֛ה אֶת-יִשְׂרָאֵ֖ל מִמִּצְרָֽיִם׃
“Jithro, der Priester von Midian, der Schwiegervater von Moses, hörte alles, was G-tt an Moses und an seinem Volk Israel getan hatte, wie der HERR Israel aus Ägypten herausgeführt hatte.” (Schemot 18,1)
Wenn Jithro inzwischen “koscher” war, warum wird dann an dieser Stelle, an der er zu uns kommt, überhaupt erwähnt, dass er ein Götzenanbetungspriester war? Kein großes Lob….?
Vielleicht doch. Im weiteren Verlauf der Parscha sehen wir, wie Jithro sich aktiv in kommunale Angelegenheiten engagiert. Am Ende rät er Mosche Rabeinu sogar, sein Arbeitspensum zu reduzieren und Stellvertreter zu ernennen, die sich um einfachere Angelegenheiten bezüglich Recht und Ordnung kümmern. Seine Beobachtungen und Empfehlungen werden angenommen, und es wird tatsächlich ein System eingeführt, das seiner Anleitung entspricht.
Die Tatsache, dass Jithro in der Lage war, zu beobachten, zu kommentieren und Ratschläge zu erteilen, beruhte auf der Erfahrung, die er selbst als theologischer Vordenker gesammelt hatte, auch wenn es sich um ein anderes, götzenanbetendes Volk handelte. Die Tora lehrt uns hier, dass wir aus unseren wichtigen Erfahrungen lernen sollten, auch aus Tätigkeiten, die an sich nicht als positiv angesehen wurden.
Aus jeder Erfahrung das Gute herauszuziehen, ist ein großer Vorteil im Leben.
Schabbat Schalom und herzliche Grüße
Rabbiner Chaim Michael Biberfeld