Wir lesen in dieser Parscha einen Pasuk, in dem Mosche Rabeinu über die (zweiten) vierzig Tage berichtet, die er in einer erhabenen himmlischen Umgebung verbrachte. Er sagt:
ו ָֽאֶתְנַפַּל֩ לִפְנֵ֨י יְהֹוָ֜ה כָּרִאשֹׁנָ֗ה אַרְבָּעִ֥ים יוֹם֙ וְאַרְבָּעִ֣ים לַ֔יְלָה לֶ֚חֶם לֹ֣א אָכַ֔לְתִּי וּמַ֖יִם לֹ֣א שָׁתִ֑יתִי עַ֤ל כׇּל־חַטַּאתְכֶם֙ אֲשֶׁ֣ר חֲטָאתֶ֔ם לַעֲשׂ֥וֹת הָרַ֛ע בְּעֵינֵ֥י יְהֹוָ֖ה לְהַכְעִיסֽוֹ׃
„Dann warf ich mich hin vor G‘tt wie das erste mal vierzig Tage und vierzig Nächte, Brot aß ich nicht und Wasser trank ich nicht, um all eure Schuld, die ihr euch habt zu Schulden kommen lassen, zu tun das Böse in den Augen G‘ttes, ihn zu kränken.“
Wir wissen, dass ein Mensch nicht länger als ein paar Tage ohne Nahrung und Wasser überleben kann (Chazal, unsere Weisen, sagen uns – sieben Tage). Es ist daher offensichtlich, dass G’tt Mosche Rabeinu besondere Kräfte gab, während er fastete. Das ist gut – aber wenn das so ist, was war dann das “Opfer”, das Mosche Rabeinu brachte, indem er weder aß noch trank?
Die folgenden zwei Erklärungen haben mich sehr beeindruckt, denn die eine repräsentiert die Philosophie der ” Welt der Jeschiwot”, während die andere (im Allgemeinen) ein Grundstein der Chassidischen Lehren ist.
Rav Shach זצ”ל (Ponivez Jeschiwa) erklärt: Mosche Rabeinu wurde zwar eine besondere Lebenskraft verliehen, die es ihm ermöglichte, auf Essen und Trinken zu verzichten, aber – er war sehr hungrig und sehr durstig. Daher hatte er das “Recht” zu sagen: “Ich habe 40 Tage des Fastens geopfert….”.
Ein völlig anderer Ansatz wird in chassidischen Quellen erwähnt. Sie besagen: Wir sind alle hier in dieser Welt, um nicht nur unsere spirituellen Anteile (Nefesh, Ruach, Neshama) zu heiligen, sondern um unser physisches Wesen in einen höheren Grad zu erheben. Dies kann nur erreicht werden, wenn wir es vollständig “leben”. Während der vierzig Tage jedoch opferte Mosche Rabeinu seine Fähigkeit, sein Essen und Trinken (die seine körperlichen Wünsche repräsentieren) um in eine höhere geistige Ebene zu gelangen.
Die beiden oben genannten Gedanken widersprechen sich zwar nicht, aber sie repräsentieren eine unterschiedliche Weltanschauung, deren Vereinbarkeit so lautet: אלו ואלו, דברי א-לקים חיים: “Schließlich ertönt eine göttliche Stimme und verkündet: Dies und jenes sind die Worte des lebendigen G’tt” (Eruvin 13b:10-11).
Schabbat Schalom
Rabbiner Chaim Michael Biberfeld