Einmal frei, immer frei – Schabbat Kodesch Parschat Ki Tetzé

Wir werden diese Woche lesen: 

לֹא-תַסְגִּ֥יר עֶ֖בֶד אֶל-אֲדֹנָ֑יו אֲשֶׁר-יִנָּצֵ֥ל אֵלֶ֖יךָ מֵעִ֥ם אֲדֹנָֽיו׃

Du sollst nicht ausliefern einen Knecht an seinen Herrn, der sich zu dir flüchtet vor seinem Herrn. 

עִמְּךָ֞ יֵשֵׁ֣ב בְּקִרְבְּךָ֗ בַּמָּק֧וֹם אֲשֶׁר-יִבְחַ֛ר בְּאַחַ֥ד שְׁעָרֶ֖יךָ בַּטּ֣וֹב ל֑וֹ לֹ֖א תּוֹנֶֽנּוּ׃

Bei dir soll er bleiben, in deiner Mitte, an dem Orte, den er erwählt in einer deiner Städte, wo es ihm gefällt. Du darfst ihn nicht kränken.

Das ist eine interessante Situation. Auf den ersten Blick  hat der Diener seinen Herrn widerrechtlich verlassen und sollte zurückkehren. 

Warum also werden wir angewiesen, ihn nicht nur nicht zurückzuschicken, sondern ihm die Freiheit zu gewähren und ihm zu erlauben, in Ruhe bei uns zu leben? 

Vielleicht, weil er zwar rechtlich dazu verpflichtet ist, zurückzukehren, es hier aber ein übergeordnetes Motiv gibt.  Wir müssen die Gefühle der betroffenen Person berücksichtigen. Stellen wir uns die Erleichterung, das Glück und das Gefühl der Freiheit vor, das er in den Stunden/Tagen oder Wochen nach seiner Flucht gewonnen hat. Eine Person, die ihre Freiheit erlangt hat, wieder in den vorherigen Zustand zu versetzen, ist so schmerzhaft, dass es nicht erlaubt ist – selbst wenn ihre Flucht nicht sanktioniert oder richtig war. 

Die gewonnene Freiheit darf nicht rückgängig gemacht werden. 

Schabbat Schalom

Rabbiner Chaim Michael Biberfeld