Schabbat Kodesch Par. Noah
Die Parscha Noah beginnt mit:
אֵ֚לֶּה תּוֹלְדֹ֣ת נֹ֔חַ נֹ֗חַ אִ֥ישׁ צַדִּ֛יק תָּמִ֥ים הָיָ֖ה בְּדֹֽרֹתָ֑יו אֶת-הָֽאֱלֹהִ֖ים הִֽתְהַלֶּךְ-נֹֽחַ׃
„Dies sind die Nachkommen Noahs. — Noah war ein gerechter Mann, tadellos in seiner Zeit, und wandelte mit G‘tt.“
Raschi zitiert Chazal, unsere Weisen, in seinem Kommentar zu diesem Vers:
יֵשׁ מֵרַבּוֹתֵינוּ דּוֹרְשִׁים אוֹתוֹ לְשֶׁבַח, כָּל שֶׁכֵּן אִלּוּ הָיָה בְדוֹר צַדִּיקִים הָיָה צַדִּיק יוֹתֵר; וְיֵשׁ שֶׁדּוֹרְשִׁים אוֹתוֹ לִגְנַאי, לְפִי דוֹרוֹ הָיָה צַדִּיק וְאִלּוּ הָיָה בְדוֹרוֹ שֶׁל אַבְרָהָם לֹא הָיָה נֶחְשָׁב לִכְלוּם
“In seinen Generationen”: Einige unserer Weisen interpretieren dies positiv: Wie viel mehr, wenn er in einer Generation von rechtschaffenen Menschen gelebt hätte, wäre er noch rechtschaffener gewesen. Andere interpretieren es negativ: Im Vergleich zu seiner Generation war er rechtschaffen, aber wenn er in Abrahams Generation gelebt hätte, wäre er nicht von Bedeutung gewesen.”
Es gibt viele Erklärungen dafür, warum jemand versuchen sollte, eine positive Bewertung (“Noah war ein gerechter Mann”) zu sehen und dabei etwas Negatives darin zu entdecken… Wir wissen von Chazal, dass ein Name, der einer Person gegeben wird, eine tiefe Bedeutung im Leben dieser Person hat. Noah – der Name – bedeutet angenehm. Noah war ein angenehmer Mann, und als solcher lesen wir am Ende der Parscha von letzter Woche
וְנֹ֕חַ מָ֥צָא חֵ֖ן בְּעֵינֵ֥י יְהֹוָֽה׃
„Noah aber fand Gnade in den Augen des Ewigen.“
Der Name von Avraham Avinu hat eine andere Bedeutung. Chazal sagen uns, dass das Wort אברהם eine Kombination aus (אב-המון-(גויים, d.h. “der Vater von vielen Menschen” ist. Ein Anführer muss die Fähigkeit haben, zu führen, anzuleiten, zu delegieren und manchmal auch für seine Sache zu kämpfen.
Wie wir aus dem letzten Teil von Bereschit wissen, hatte Avaraham Avinu all diese Eigenschaften. Noah, ein großer Zadik, ein rechtschaffener und heiliger Mensch, wie uns die Tora sagt, war jedoch ein “angenehmer” Mensch. (In der Tat, wir lernen in Pirkey Avot, Sprüche der Väter: Wem seine Mitmenschen wohlgesonnen sind, dem ist G‘tt wohlgesonnen.) Die oben erwähnte ” abwertende ” Meinung bezieht sich nicht auf Noah als Privatperson, den die Tora eindeutig als „gerechten Mann” bezeichnet. Vielmehr handelt es sich um eine Aussage über die Fähigkeit zu führen. In diesem Zusammenhang meinten manche Weisen, dass Noah in der Generation von Avraham Avinu keine wichtige Person gewesen wäre. Eine (private) Person kann ein Zadik sein, indem sie angenehm zu anderen ist. Eine Führungspersönlichkeit muss (zusätzlich) andere Qualitäten haben, um effektiv führen zu können.
Schabbat Schalom
Rabbiner Chaim Michael Biberfeld